Wie werden Naturschutzbelange bei diesem Bauvorhaben berücksichtigt?


Wie bei anderen Baumaßnahmen dieser Art ist Naturschutz auch am „Tausendfüßler“ rechtlich vorgeschrieben. Die Berücksichtigung der Belange von Natur und Landschaft werden in Form von Gutachten umgesetzt. Zum Bauvorhaben „Tausendfüßler“ wurden vorab folgende Gutachten erstellt:

  • Umweltverträglichkeitsuntersuchung
  • Faunistische Planungsraumanalyse
  • Artenschutzprüfung

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen und Prüfungen fließen in den Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) ein, der in Text und Karten alle Belange von Natur und Landschaft erfasst, bewertet und geeignete Maßnahmen zu etwaigen Eingriffen in die einzelnen Schutzgüter formuliert.

Zusätzlich werden im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TöB) auch die anerkannten Naturschutzverbände eingebunden. Die Beteiligung der Naturschutzverbände wird in Nordrhein-Westfalen über eine zentrale Adresse geführt. Dieser Stelle wurden die Unterlagen der Entwurfsplanung zugesandt, die von dort aus an die örtlichen Vereine weitergeleitet werden.

Im Zuge des anstehenden Planfeststellungsverfahrens haben die Verbände weiterhin umfangreich die Möglichkeit, sich in das Bauvorhaben einzubringen. Dies geschieht bei Einleitung des Anhörungsverfahrens mit der öffentlichen Auslegung der vollständigen Planunterlagen in den betroffenen Gemeinden. Die eingetragenen Naturschutzverbände haben die Möglichkeit zur Einsichtnahme und Stellungnahme.

Welche Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen finden am „Tausendfüßler“ statt?


Beim Projekt „Tausendfüßler“ werden Biotope in Anspruch genommen, die sich im Nahbereich der Fahrbahnen befinden und überwiegend aus Gras- und Krautvegetation sowie Gehölzbeständen in Fahrbahnnebenflächen bestehen. Durch die Erweiterung der Autobahn um weitere Spuren müssen auch Baumgehölze beseitigt werden. Dies betrifft auch die Inanspruchnahme unbebauter Flächen für die Anlage von Baustraßen und die Baueinrichtung.

Diese Eingriffe werden auf das notwendige Maß beschränkt. Die Einhaltung der Maßnahmen wird durch den Einsatz einer Umweltbaubegleitung sichergestellt.

Im Landschaftspflegerischen Begleitplan zum Bauvorhaben sind konkret folgende Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen formuliert:

  • Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen, z.B. der Schutz von Einzelgehölzen oder Gehölzbereichen
  • Gestaltungsmaßnahmen, z.B. die Anlage von Baum- und Gehölzpflanzungen in Straßenböschungen und Banketten
  • Wiederherstellungsmaßnahmen, z.B. die Wiederherstellung von Gehölzbiotopen, Grünlandflächen oder Hochstaudenfluren

Um die Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen erzielen zu können, kann der Ausgleich (die Anlage neuer Grünbereiche neben den Fahrbahnen) auch an diesen Örtlichkeiten durchgeführt werden. Da dies bei diesem Bauvorhaben aber nicht vollumfänglich möglich ist (es fehlen geeignete Flächen in der entsprechenden Größenordnung), wird der verbleibende Kompensationsbedarf an anderer Stelle im Stadtgebiet Bonn durch die Umsetzung von Ersatzmaßnahmen erreicht.

Der Ausgleich wird auf zwei Flächen im Stadtteil Bonn-Beuel umgesetzt. In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Stadt Bonn kann auf diese Flächen zurückgegriffen werden. Zum einen handelt es sich dabei um Flächen des Deichvorlandes westlich von Schwarzrheindorf, zum anderen um die Nutzung/Auslösung von Wertpunkten des städtischen Ökokontos.

Wer setzt diese Maßnahmen um und wann geschieht das?


Die Umsetzung der Maßnahmen wird vom Landesbetrieb Straßen.NRW veranlasst. Sie werden durch geeignete Fachfirmen des Garten- und Landschaftbaus durchgeführt. Zu den Zeitpunkten kann Folgendes genannt werden:

  • Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen werden vor Baubeginn erstellt.
  • Gestaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen werden nach Abschluss der Straßenbauarbeiten durchgeführt.
  • Die Ersatzmaßnahmen sind spätestens bis zum Ende der Straßenbaumaßnahmen umzusetzen.

Wo werden Baueinrichtungsflächen und Retentionsbodenfilterbecken eingerichtet?


Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Baumaßnahme sind für den Bauablauf notwendigerweise Baueinrichtungsflächen einzurichten. Diese sind, hauptsächlich aus Gründen der Logistik und der Vermeidung von weiten Fahrwegen (Lärm- und Abgasimmissionen, Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr) möglichst nah am Baufeld zu suchen.

Die Baumaßnahme „Tausendfüßler“ wird ausschließlich im räumlich eng begrenzten innerstädtischen Bereich durchgeführt. Dort gibt es nur wenig Flächen, die zur Nutzung als Baueinrichtungsflächen in Frage kommen. Da für solche Baustellenflächen nur unbebaute Areale in Frage kommen, wurden hierfür hauptsächlich Grünflächen in Autobahnnähe in Betracht gezogen. Eine dieser Flächen wird auf Teilen des Campusgeländes Endenich eingerichtet, das an den Hermann-Wandersleb-Ring angrenzt.

Für die Baumaßnahme „Tausendfüßler“ muss zudem der Niederschlag neu geregelt werden. Hierzu werden zwei Retentionsbodenfilterbecken errichtet (siehe Beispielfoto in der Galerie unten). Es handelt sich dabei um begrünte Becken, die Autobahnabwässer reinigen sollen. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass das Wasser, was auf der Autobahn anfällt, gereinigt wird und dann in kleinen Mengen in ein Gewässer eingeleitet wird. Das dient dem ökologischen Schutz der Gewässer. Das größere dieser Becken wird in dem Teilbereich des Campus-Geländes erbaut, das auch schon als Baueinrichtungsfläche dient. Dadurch wird keine zusätzliche Fläche in Anspruch genommen. Schließlich ist auch in die Überlegungen der Fakt eingeflossen, dass seitens der Universtiät Bonn die Umnutzung dieser Grünfläche eine befestigte Parkplatzfläche vorgesehen ist. Dies hätte ebenfalls einen Verlust der derzeitigen Nutzungsform in absehbarer Zeit bedeutet. Die Planungen finden in Abstimmung mit dem Bau- und Liegeschaftsbetrieb (BLB) statt, das für diese Flächen zuständig ist.

Rechtlicher Hintergrund


Es gelten verschiedene Gesetze und Regelungen zum Schutz der Natur, die bei der Realisierung von Bauvorhaben berücksichtigt werden müssen:

  • Die wichtigste Regelung ist die Eingriffsregelung (auch Eingriffs-Ausgleichs-Regelung genannt). Diese ist im deutschen Recht das bedeutendste Instrument zur Durchsetzung von Belangen des Naturschutzes, da sie auch außerhalb von naturschutzrechtlich gesicherten Gebieten greift. Mit der Eingriffsregelung sollen negative Folgen von Eingriffen in Natur und Landschaft (Beeinträchtigungen) vermieden und minimiert werden. Des Weiteren sollen nicht vermeidbare Eingriffe durch Maßnahmen des Naturschutzes ausgeglichen werden.
  • Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind die § 14 und § 15 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sowie die § 1a und § 35 des Baugesetzbuches (BauGB). Einzelheiten ergeben sich dazu aus den Naturschutzgesetzen der Länder, hier des Landesnaturschutzgesetzes NRW (LNatSchG NRW).
  • Weiterhin sind verschiedene Richtlinien zu berücksichtigen, wie die Richtlinien für die landschaftspflegerische Begleitplanung im Straßenbau (RLBP) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Einführungserlass zum Landschaftsgesetz für Eingriffe durch Straßenbauvorhaben (ELES) des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes NRW und des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW.
  • Schließlich fließen in die Planung die Vorgaben aus anderen Planungen ein, wie beispielsweise, im konkreten Bauvorhaben, der gültige Flächennutzungsplan der Stadt Bonn und der Landschaftsplan Kottenforst der Stadt Bonn.

Wie finden Ausgleichsmaßnahmen statt?


Eingriffe in Natur und Landschaft sind, maßgeblich gemäß den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes sowie der Naturschutzgesetze der Länder, wie des Landesnaturschutzgesetzes NRW, zu vermeiden. Nicht vermeidbare Eingriffe sind auszugleichen oder zu ersetzen. Beim Ausgleich ist zwischen Ersatz-/Kompensationsmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahme zu unterscheiden:

Gemäß Bundesnaturschutzgesetz § 15 hat der Verursacher von Eingriffen in Natur und Landschaft unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in Form von Ausgleichsmaßnahmen auszugleichen oder in sonstiger Weise in Form von Ersatz-/Kompensationsmaßnahmen zu kompensieren. Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Ist weder ein Ausgleich noch ein Ersatz eines Eingriffes möglich, kann die Zahlung eines Ersatzgeldes (Ersatzzahlung) in Frage kommen.

Stand: Juli 2020